Mama – allein zu Haus

„Das Baby krönte ihr Glück!“

Vielgelesene Schlagzeile in diesen berühmten Magazinen, die man nur beim Friseur oder im Wartezimmer vom Arzt zur Hand nimmt.

Aber das ist auch eine weitverbreitete Meinung.

Wenn das Baby endlich da ist, bricht für die nächsten Jahre der pure Sonnenschein aus und die glückliche Mama schwebt selig lächelnd durchs restliche Leben. So ungefähr ist die Erwartung der anderen, vor allem der selbst noch Kinderlosen.

Kaum jemand traut sich die Frage zu stellen, ob Kinder wirklich glücklich machen.

Meine Erfahrung zeigt, dass das gesellschaftliche Bild so nicht stimmt. Die meisten frischgebackenen Mütter haben ihre Krisen, am öftesten höre ich, dass für viele die Isolation so schwierig ist, in der sie sich plötzlich wiederfinden. Das Allein-Sein, das war so nicht erwartet.

Warum sind Mütter so isoliert und fühlen sich allein?

1. Der Job ist weg

Sicher, wenn der Mutterschutz beginnt, ist man erstmal froh, nicht mehr täglich zum Arbeitsplatz pilgern zu müssen. Es ist doch mittlerweile ziemlich anstrengend mit Bauch und man freut sich aufs Baby und den neuen Lebensabschnitt.

Aber der Job hat auch Kontakte zur Außenwelt bedeutet, Gesprächsmöglichkeiten in der Mittagspause und Rückbestätigung, im besten Fall auch Wertschätzung für das, was man so den lieben langen Tag gemacht hat.

Das fällt vollkommen weg, wenn du mit Baby allein zu Hause bist.

2. Die Freunde sind weg

Vor allem die kinderlosen Freunde!

Anfangs kommen sie dich vielleicht noch besuchen, bringen die siebzehnte Babyrassel mit und erwarten sich selbstgebackenen Kuchen zum Kaffee. Aber bald haben sie kein Verständnis mehr dafür, dass du plötzlich nicht mehr spontan mit ihnen ins Kino gehen kannst.

Mit Krabbelkind ein kinderloses Paar in deren Wohnung zu besuchen ist eher Horror als Erholung …

3. Die Umgebung ist eine andere

Bei mir war es so, dass ich die direkte Umgebung meiner Wohnung gar nicht so genau gekannt habe. Ich war ja den ganzen Tag im Büro mehrere U-Bahn-Station von zu Hause entfernt. Einkäufe habe ich unterwegs irgendwo erledigt, nach der Arbeit noch ein Treffen zum Abendessen in der Stadt oder Kino. Nachbarn habe ich nicht gekannt …

Viele ziehen aber auch kurz vor oder nach der Geburt um – in eine größere Wohnung oder vielleicht hinaus aufs Land, damit das Kind (die Kinder) dann mal einen Garten haben. Das bedeutet ein Aus für alle sozialen Kontakte aus der gewohnten Umgebung.

„Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen.“

Ich bin überzeugt, dass wir Menschen nicht geschaffen sind, ganz alleine ein Baby oder Kleinkind zu versorgen. Das war in der Geschichte der Menschheit immer Sache der ganzen Sippe.

Wobei ich auch das vielbeschworene Bild der heilen Großfamilie, die es früher angeblich gegeben hat, nicht ganz glaube. Noch vor wenigen Jahrzehnten fehlten ganze Vätergenerationen wegen der Kiriege, das durchschnittliche Lebensalter war geringer und noch ein paar Jahre zurück die Anzahl der Frauen, die im Kindbett gestorben sind, erschreckend hoch.

Das „Dorf“ muss nicht nur aus Blutsverwandten bestehen. Bei vielen meiner Klientinnen erlebe ich das so, dass die eigenen Eltern nicht oder nicht immer oder nicht so oft wie gewünscht zur Unterstützung verfügbar sind. Sie wohnen zu weit entfernt, stehen selbst noch mitten im Berufsleben oder haben mehrere Enkelkinder.

Wir Mamas sind also – neben allem anderen – auch noch gefordert, uns ein Dorf zu finden. Nenn es gerne auch Netzwerk, wenn dir das besser gefällt.

Es kostet etwas Mühe, es auf zu bauen – aber ich kann dir nur sagen, es lohnt sich!

Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich dankbar für mein Mama-Netzwerk war

  • wenn ich wieder mal aufgrund einer U-Bahn-Störung oder einer ungeplant langen Wartezeit beim Arzt nicht pünktlich beim Kindergarten war und jemand anderer schon meine Kleine mit zum Spielplatz genommen hatte.
  • für alle die Besuche und Gegenbesuche – es mag für Babymamas unglaublich klingen, aber sind die Kids einmal drei oder vier Jahre alt, ist es oft einfacher, mehrere Kinder zu Hause zu haben als nur das eigene gelangweilte Kind
  • für all die Gespräche, die wir auf Spielplätzen geführt haben und die so viel Aufmunterung in die zeitweisen Erschöpfungsphasen gebracht haben

Wie kommst du nun zu deinem Mama-Netzwerk?

Rausgehen und aktiv danach suchen – falls du noch schwanger bist, kannst du jetzt schon nach Möglichkeiten suchen, in den ersten Monaten wirst du wahrscheinlich nicht mehr so viel Zeit haben …

Suche Anschluss in Gruppen

  • Stillgruppen
  • Tragetreffs
  • Spielgruppen

Solche Gruppen werden oft von Gemeinden, Pfarren aber auch von Eltern-Kind-Zentren angeboten. Teilweise gratis, teilweise kostet der Besuch ein paar Euro.

Letzteres sind meist Spielgruppen, bei denen auch ein Programm mit Singen, Kniereitern und Kreisspielen angeboten wird. Das fand ich sehr fein. Mein Repertoire an Kinderliedern war recht überschaubar und da hab ich vieles gelernt, mit dem wir auch zu Hause spielend viele Stunden verbracht haben. Übrigens sind nicht alle Kinder so stark an den Liedern interessiert, aber der Austausch unter den Mamas ist eigentlich unbezahlbar …

Schau dich in deiner Nachbarschaft um und geh auf Spielplätze

Dank der subjektiven Wahrnehmung sehen wir meist eh ab dem positiven Schwangerschaftstest vermehrt Kinderwägen ;-)

Die Erfahrung zeigt, dass sich Mütter meist freuen, wenn sie von anderen angesprochen werden. Es geht ja den meisten gleich, aber manche sind einfach zu schüchtern. Also lieber raus aus der Komfortzone!

Suche im Internet nach Austausch

Und natürlich ist da auch noch das Internet. Wer wenig Möglichkeiten in seiner direkten Umgebung hat, kann im virtuellen Dorf fündig werden! Das ist auch eine wunderbare Ergänzung – natürlich ist der persönliche Kontakt meist nochmal besser, aber oft schwierig zu bewerkstelligen.

Da ist das Baby krank, die Termine überschneiden sich, vieles will erledigt werden …

Allein auf Facebook gibt es unzählige Mama-Gruppen, schau dir ein paar an und prüfe, ob du dich dort wohlfühlst. Das wird wahrscheinlich nicht jeder der Fall sein, ich habe in einigen Erfahrungen gesammelt, nicht immer nur positive.

Hier findest du empfehlenswerte Mama-Gruppen auf Facebook

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Porträt Vera Rosenauer

Vera Rosenauer

selbst Mama von zwei großartigen Töchtern, passionierte Langschläferin, Besitzerin (und Leserin!) mehrerer Kubikmeter Fachliteratur, zufriedene Kundinnen seit 2009

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