Mein 5jähriges Kind will nicht alleine einschlafen!
„Mein 6jähriges Kind will nicht alleine einschlafen!“
„Immer muss ich mich dazulegen – und es akzeptiert nur mich als Mama!“
„Ab wann kann mein Kleinkind denn endlich alleine schlafen lernen?“
Wer in der Familie wann wo und wie schläft, ist ein absolutes Dauerbrennerthema in meiner Arbeit. Was das Baby- und Kleinkindalter betrifft, findest du hier zwei vielgelesene Artikel auf meinem Blog.
13 magische Geheimnisse friedlich schlafender Babys
Warum du die Finger von Schlafprogrammen lassen solltest
In diesen Artikel möchte ich vor allem auf folgende Aspekte, die das Ein- und Durchschlafen bei Vorschulkindern betreffen, eingehen:
- Was tun, wenn das Kind beim Einschlafen nur die Mama akzeptiert?
- Woran können die Einschlafprobleme – vor allem bei älteren Kindern – liegen?
- Wie können Eltern den Druck aus der Einschlafsituation nehmen, um auch wieder mal Zeit zu zweit verbringen zu können?
Alleine einschlafen lernen mit fünf oder sechs Jahren
Das sollte doch schon längst gehen, sind sich die Eltern sicher. Aber schauen wir mal genauer hin:
„Einschlafen mit Körperkontakt zur Mama“ ist ein Wunsch hinter dem ein Bedürfnis steckt – wenn dieses Bedürfnis befriedigt ist, wird auch der Wunsch weniger stark werden bzw. verschwinden. Lies hier mehr über den Unterschied zwischen Wünschen und Bedürfnissen.
Das Bedürfnis dahinter könnte „Sicherheit“ und/oder. „Kompetenz“ lauten. Menschen sind nun mal Gesellschaftsschläfer – Punkt.
Aus Kindersicht ist es auch vollkommen ungerecht, dass Mama und Papa gemeinsam im Zimmer schlafen dürfen und es selbst alleine in einem anderen Zimmer schlafen soll.
Bei Geschwisterkindern ist das oftmals leichter. Da empfiehlt sich in Sachen Schlaf oft ein gemeinsames Zimmer statt getrennter Kinderzimmer. Ist genug Platz für ein zweites Zimmer kann das zum Spielzimmer werden. Schöner Nebeneffekt: du machst abends die Tür zu statt dich unbedingt ums Aufräumen zu streiten!
Aber: muss es wirklich immer die Mama sein beim Einschlafen?
Ja und nein – meist ist die Bindung zur Mama die stärkste, die Mama ist die Bezugsperson Nummer 1 auf der Spitze der Beziehungspyramide …
Von daher ist der Wunsch des Kindes nach der Mama verständlich.
Und natürlich ist es dann auch verständlich, wenn das Kind mit Bezugsperson Nr. 2 nicht ganz so glücklich ist, vor allem wenn die Nr. 1 eh im Nebenzimmer ist.
Da braucht es für uns Mamas ein gutes Stück Ehrlichkeit mit uns selbst: wer bitte ist denn nicht gerne die Nummer 1? Fühlen wir uns nicht auch ein wenig gebauchpinselt, wenn das Kind nach uns (und NUR nach uns!) verlangt? Auch wenn uns der Wunsch des Kindes irgendwie nervt, sind wir nicht doch auch ein wenig stolz darauf, dass wir soooo wichtig sind?
Autsch, diese Fragen tun ein wenig weh – ich weiß!
Aber machen wir uns klar, der Wunsch nach der Mama ist ein Wunsch und kein Bedürfnis. Zur Erinnerung wir reden hier von Kindergarten- und Vorschulkindern.
Das Bedürfnis nach Sicherheit muss nicht zwingend von Beziehungsperson Nr. 1 gestillt werden, das kann auch die Nr. 2 – und das wahrscheinlich ganz wunderbar, wenn sie die Chance bekommt.
Also drehen wir das in unserem Kopf ein wenig um: wenn wir den Papa mit dem Kind schlafen schicken (vielleicht weil wir ganz „egoistisch“ mal mit einer Freundin ins Kino gehen wollen - das ist erlaubt und völlig ok, wirklich!!!), nehmen wir dem Kind nicht nur etwas weg.
Sondern wir schenken Kind und Papa die Gelegenheit und die Chance eine Herausforderung gemeinsam zu bewältigen, näher zusammen zu wachsen und ihre Bindung zu stärken.
Trauen wir Kind und Papa zu, dass sie das gemeinsam schaffen. Dieses Geschenk und dein Zutrauen sind auf lange Sicht unglaublich wertvoll, auch wenn es vielleicht im Moment nicht nur angenehm scheint!
Wenn das Vorschulkind nicht alleine einschlafen kann und will
Bei Baby und Kleinkind sind wir ja oft noch nachsichtiger bei dieser Problematik, da hat sich in den letzten Jahren zum Glück schon viel neues Wissen durchgesetzt.
Was aber, wenn das Kind mit fünf Jahren und älter noch immer nicht alleine einschlafen kann oder mag?
Spätestens jetzt zeigen sich elterliche Sorgen (Haben wir etwas falsch gemacht? Waren wir doch zu nachgiebig?) und Probleme – schließlich möchte man auch mal wieder mehr Zeit miteinander verbringen.
Das Kind ist ja jetzt schon groß, da muss das doch wieder gehen, so der Gedanke. Und wenn die Mama täglich mit dem Kind schlafen gehen muss und dabei selber einschläft, ist es mit der ersehnten Paarzeit nicht weit her.
Das wiederum hat vielleicht Streitigkeiten unter den Eltern zur Folge – unterschiedliche Erziehungsansichten werden mehr oder weniger friedlich diskutiert.
Um das Kind besser zu verstehen, versuchen wir uns einmal in die Position eines Vorschulkindes zu versetzen. Welche Herausforderungen erlebt es gerade? Was könnte ihm das Gefühl von Sicherheit und Kompetenz rauben?
1. Entwicklungsbedingte Ängste
Das Kind erlebt jetzt den Übergang aus der magischen Phase, in der unter dem Bett ein Monster wohnte, hin zu reellen Ängsten, in denen es um Einbrecher oder auch Naturkatastrophen gehen kann. Das geht bis hin zu Todesängsten. Das Kind erfasst, dass es selbst verletzt werden könnte – das Ausfallen der Milchzähne erleben manche Kinder als „Mein Körper fällt auseinander“ – mehr über kindliche Ängste erfährst du im Online-Workshop „Kinder und ihre Ängste“
2. Körperliche Veränderungen
In diesem Alter verändert sich der Körper, in dem er sich „streckt“. Arme und Beine werden länger, schlenkern plötzlich ungelenk an einem herum. Stell dir das Gefühl ungefähr so vor, wie es dir im 9. Schwangerschaftsmonat gegangen ist als der Körperschwerpunkt sich wegen des großen Bauches verlagert hat und du plötzlich anders aus einem tiefen Sessel aufstehen musstest oder überall angestoßen bist, weil dein Bild von deinem Körper ein anderes war. Das kann ziemlich irritierend sein!
3. Die Kindergartenzeit geht zu Ende
Das ist auch das Ende einer Ära – den Kindergarten kennt das Kind in und auswendig, seine bewusste Erinnerung reicht vielleicht gar nicht zurück in eine Zeit vor dem Kindergarten. Das macht traurig, was dem Kind wahrscheinlich gar nicht so bewusst ist, das ist eher ein unterschwelliges Gefühl. Gleichzeitig hat „man“ sich in der Kindergartengruppe seine Position „erarbeitet“, wie wird das wohl in der neuen Gemeinschaft in der Schule sein?
4. Bevorstehender Schulbeginn
So sicher das Kind weiß, was es alles aus dem Kindergarten nicht mehr haben wird, so wenig kann es sich vorstellen, was in der Schule auf es zukommt. Deshalb bitte nicht mit „Dann beginnt der Ernst des Lebens!“ Angst machen. Vielleicht lässt sich ja ein Schnuppertag in der Schule organisieren?
5. Abendlicher Ausgleich
Im Kindergarten sind die Großen für die Kleinen in der altersgemischten Gruppe ja bereits die „Coolen“, was sie ja auch toll finden. Oft holen sich die tagsüber besonders coolen, großen Kinder am Abend die Kraft für den nächsten Tag, in dem sie zu Hause dann doch wieder die Kleinen sein dürfen.
6. Mögliche Fehlinterpretationen elterlicher Aussagen
Kinder sind sehr gute Beobachter, aber oft ganz schlechte Interpreten! Sie hören Aussagen ihrer Eltern zufällig mit und beziehen sie auf sich, obwohl das gar nicht so gemeint war. Möglicherweise wollen sie unterbewusst Streit unter den Eltern vermeiden, in dem sie die Eltern durch das gemeinsame Einschlafen auseinanderhalten wollen.
Vermutlich ist es nicht nur ein einziger Punkt aus dieser Liste (und bestimmt gibt es noch weitere Punkte, die wir uns in unserem Erwachsenendenken gar nicht vorstellen können!) - sondern eine Mischung aus mehreren mit unterschiedlicher Gewichtung.
Auf alle Fälle ist es spürbar, dass Vorschulkinder ziemlich unter Druck stehen können.
Und Druck ist niemals hilfreich, egal in welcher Situation!
Was können Eltern tun, um Druck aus der Einschlafsituation zu nehmen?
Über Ängste und Sorgen sprechen
Das aber bitte nicht dem Kind am Abend vor dem Einschlafen dem Kind aufdrängen, sondern in einer ruhigen, angenehmen Situation am Nachmittag ein Gespräch beginnen. Vielleicht mit einer passenden Geschichte als Einstieg – zum Beispiel: Ich wär so gern auch abends groß: Allein schlafen ohne Angst*
Am besten wäre, wenn die Hauptfigur im Buch oder in der Geschichte eine gute Identifikationsmöglichkeit für dein Kind ist, also gleiches Geschlecht, ähnliches Alter, ähnliche Ängste. So kommt ihr auf einer Metaebene ins Gespräch und das ist oft leichter als über die eigenen Ängste zu sprechen. Natürlich könntet ihr die Sorgen auch malen, ihnen eine Farbe oder einen Namen geben, das macht sie greifbarer und somit leichter bewältigbar.
Das Abendritual Schritt für Schritt ändern
Raus aus der „Alles-oder-nichts-Position“ – bei vielen Familien entwickelt sich dann eine Art Machtkampf beim Einschlafen und sie sehen nur noch die Varianten
A: die Mama bleibt dabei beim Einschlafen
B: das Kind muss es alleine schaffen
Dabei gibt es da ja noch Möglichkeiten dazwischen: Kind legt sich zuerst alleine ins Bett, schaut noch ein Buch an oder hört eine Geschichte und die Mama kommt in fünf Minuten nach (das muss aber bitte unbedingt verlässlich sein!) oder als paradoxe Intervention: „Ich geh kurz aufs Klo, bist du eh noch sicher munter, wenn ich wiederkomme?“
Lass dein Kind mitüberlegen, welche Möglichkeiten es noch gibt das Abendritual Stück für Stück zu ändern.
Das Kind seine Kompetenz spüren lassen
Anhaltende Diskussionen ums Einschlafen können beim Kind das Gefühl der Unfähigkeit hinterlassen „ich müsste das doch schaffen, aber etwas mit mir muss falsch sein, weil ich es doch nicht kann …“
Dem gilt es entgegen zu wirken!
Bestimmt gibt es Situationen, wo dein Kind sich wohlfühlt, wo es Selbstwirksamkeit spürt und merkt, dass ihm Dinge gut gelingen.
Suche solche Situationen verstärkt mit deinem Kind auf, das wirkt präventiv, verschiebt den Fokus aufs Positive und gibt Kraft, für die Gelegenheiten, wo es nicht so leicht läuft!
Mach dir bewusst, dass der Umbruch die ganze Familie betrifft
Bist du vielleicht selbst traurig, dass aus deinem Kleinkind nun ein Schulkind wird und das mit dem intensiven Zusammensein bald ein Ende haben wird?
Auch für dich geht eine Ära zu Ende, das darf traurig machen und das will betrauert werden – sei da ganz ehrlich zu dir selbst! Vielleicht brauchst du das gemeinsame Einschlafen momentan ja genauso wie dein Kind …
Den elterlichen Wunsch nach Zweisamkeit und ungestörter Zeit zu zweit kindgerecht ansprechen
Wir haben ein Recht auf dieses Bedürfnis und Kinder kooperieren meist erstaunlich gut, wenn wir unsere Bedürfnisse ehrlich aussprechen!
Zum letzten Punkt noch eine ganz persönliche Erfahrung, die in keinem dieser klugen Erziehungsratgeber steht:
Wir Eltern denken bei Zeit zu zweit vor allem an den Abend – bei Baby und Kleinkind ganz natürlich. Und ohne groß darüber nachzudenken, erwarten wir, dass „das“ immer besser wird. Sprich, wenn das Kind größer wird und alleine einschläft, dann haben wir abends wieder mehr Zeit zu zweit.
Ganz ehrlich?
Leider nein!!!
Das kindliche Schlafbedürfnis wird weniger und gegen den 10. Geburtstag kommt dann eine hormonelle Verschiebung, die sie abends länger wach bleiben und morgens nicht aus dem Bett kommen lässt.
Das heißt: sei dir bewusst, dass du diese abendliche Zeit zu zweit in den nächsten Jahren leider vergessen wirst müssen – sie kommt dann wieder, wenn die lieben Kids beginnen weg zu gehen. Und dann sitzen wir Mamas wahrscheinlich daheim und machen uns Sorgen statt die partnerschaftliche Zweisamkeit zu genießen …
Also besser: mach dir heute schon Gedanken mit deinem Partner, wo ihr euch außer an den Abenden "Zeitinseln" schaffen könnt.
Wenn die Kinder älter werden, kann man sie vielleicht schon mal für eine halbe Stunde alleine daheim lassen und einen Spaziergang machen? Mehrere Kinder mit einer Aufsichtsperson ins Kino schicken und in der Zeit einen gemütlichen Kaffee trinken (es leben die Eltern-Netzwerke!)?
Fazit:
Fürs nicht alleine einschlafen wollen oder können, gibt es verschiedenste Ursachen, aber zum Glück auch verschiedenste Herangehensweise eine für alle akzeptable Lösung zu finden. Was aber sicher nicht von heute auf morgen funktionieren wird. Bei der Beobachtung helfen könnte dir zum Beispiel ein Schlafprotokoll!
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