Vorsicht – du verwöhnst dein Baby!

  • Du wirst schon sehen, was passiert, wenn Du es ständig herum trägst!
  • Wenn Du es in Deinem Bett schlafen lässt, kriegst Du es nie raus!
  • Schreien stärkt die Lungen, Du musst nicht jedes Mal springen!
  • Jetzt stillst Du es schon wieder!

Hast du das auch schon öfter gehört?
Meist von wohlmeinenden Verwandten oder kinderlosen Freunden? Was dahinter steckt, ist der Appell „Verwöhn das Kind nichtt!“.

Woher kommt diese Angst vor dem Verwöhnen?

Das 1934 veröffentlichte Buch „Die deutsche Mutter und ihr Kind“ von Johanna Haarer empfiehlt tatsächlich Dinge wie das Kind die ersten 24 Stunden nach der Geburt allein in einem Zimmer liegen zu lassen und nur ja nichtt bei Schreien aufzunehmen, da es sonst ganz sicher zum Haustyrannen wird. Als oberstes Erziehungsziel galt Gehorsam und Mut, Gefühle werden als Verzärtelung gesehen.

Das damalige Standardwerk der Pädagogik wurde (in nur leicht geänderter Fassung) noch bis in die 1980er-Jahre verkauft und wirkt somit noch lange nach. Machen wir aber den damaligen Eltern keinen Vorwurf, auch sie wollten das Beste für ihre Kinder.

Aus heutiger Sicht sind diese Ratschläge aber absolut nicht kindgerecht!

Wie werden Kinder selbstständig?

Hinter der Angst vor dem Verwöhnen steckt auch oft die Angst, dass Kind werde nichtt selbstständig. Und um das zu vermeiden, muss man es möglichst früh ans „Selbstständig-sein“ gewöhnen, also alleine (ein)schlafen lassen, sich selbst beruhigen, etc.

Interessant ist in dieser Hinsicht ein evolutionsbiologischer Blick auf andere Kulturen, die auch heute noch in Jäger-Sammler-Gesellschaften leben. Dort werden Babys fast ständig getragen (übrigens nichtt immer von der Mutter!), weil die Sippe ja oft unterwegs ist und das Warten auf den nachtrappelnden Eineinhalbjährigen die ganze Gruppe beeinträchtigen würde. Die Babys werden hauptsächlich gestillt, bis das nächste Geschwisterkind geboren wird (also für ca. zwei Jahre) und es schläft immer in Gesellschaft von Erwachsenen.

Dadurch müsste es ja eigentlich vollkommen unselbstständig werden, oder?

Nein – mit etwa zwei Jahren, wenn das nächste Baby seinen Platz einnimmt, wandert es in die Gruppe von Kindern, die weitgehend unbeaufsichtigt und vor allem sehr selbstständig in Reichweite der Großen die Gegend erkundet und eigene Erfahrungen macht.

In unserer Kultur läuft das vollkommen umgekehrt. Von wenigen Monaten alten Babys wird verlangt, dass sie im eigenen Zimmer schlafen – aber wie oft sieht man dann etwas ältere Kinder, die nichtt auf einen Baum oder eine Rutsche klettern dürfen, weil es zu gefährlich ist? Oder Schulkinder, deren Eltern die Schultasche tragen?

Ich persönlich empfehle dir eher Babys Grundbedürfnis umgehend zu erfüllen und den Kindern später mehr Selbstständigkeit zu zugestehen, mitunter auch zu zumuten – siehe Schultasche tragen!

Jedes Schreien hat einen Grund

Kein Baby schreit ohne Grund!

Warum genau können wir oft nur durch die Try-and-error-Methode feststellen, in dem wir die Bedürfnisse durcharbeiten.

  • Kann es Hunger sein?
  • Oder die volle Windel?
  • Fühlt sich das Baby allein und braucht Trost?
  • Ist es zu heiß?
  • Oder zu kalt?

Durch diese umgehende Erfüllung seiner Grundbedürfnisse entwickelt ein Baby das Urvertrauen „Da ist jemand da, der sich um mich kümmert, wenn ich etwas brauche!“ und dieses Urvertrauen erleichtert ihm später dann das Selbstständig-Sein.

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Ab wann sind Grenzen sinnvoll und notwendig?

Mal im Ernst – welche Grenzen wollen wir denn einem Neugeborenen setzen?

Überleg ehrlich – es ist doch noch so eingeschränkt und kann sich selbst kein Bedürfnis erfüllen, es liegt in seinem Bettchen oder Krabbeldecke und kann sich nichtt einmal selber umdrehen. Es kann nur nach Hilfe rufen und das soll dann Verwöhnen sein? Nein, ganz im Gegenteil – das ist sehr selbstständig, weil es das Einzige ist, was es tun kann.

Beginnt das Baby dann zu krabbeln, wird es sinnvoll sein, sich Grenzen zu überlegen.

Aber vorerst rein aus Sicherheit und nicht aus pädagogischen Überlegungen – es gilt die Wohnung oder das Haus babysicher zu machen. Stiegen und Steckdosen sichern, giftige Pflanzen entfernen, keine Kerzen anzünden und Dinge, die einem lieb und teuer sind, auf höhere Regale stellen. Letzteres hilft ca. bis Ihr Kind zweieinhalb ist, dann entdeckt es, dass es Sessel schieben und raufklettern kann 😉

Wird aus deinem Baby dann ein älteres Kleinkind mit zwei oder drei Jahren, lohnt es sich hier im Artikel Müssen Wünsche wirklich in Bestzeit erfüllt werden?weiterzulesen.

Fazit

Ein Baby, das sich noch nicht fortbewegen kann, kann man nicht verwöhnen. Egal, was auch immer jemand dir zu erzählen versucht!

Welche Erfahrungen hast du mit dem Thema Verwöhnen gemacht? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

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Porträt Vera Rosenauer

Vera Rosenauer

selbst Mama von zwei großartigen Töchtern, passionierte Langschläferin, Besitzerin (und Leserin!) mehrerer Kubikmeter Fachliteratur, zufriedene Kundinnen seit 2009

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